PG Oberleichtersbach-Schondra

Viele haben das Interview von Philipp Tropf in der Saale-Zeitung und Mainpost gelesen.

Ich möchte die Aussagen von Philipp nicht unkommentiert lassen und habe Philipp einen Offenen Brief geschrieben.

Offener Brief an Dr. Philipp Tropf,

Lieber Philipp,

ich hoffe, es geht Dir und Deiner Frau Bettina auch in diesen schwierigen Zeit der Corona-Pandemie gut. Ich habe Dein Interview in der Mainpost und in der Saale-Zeitung gelesen. Deshalb würde ich Dir gerne dazu antworten.
Ich habe Dich ja als Pastoralpraktikant und als Diakon in der Pfarreiengemeinschaft erlebt. Erinnern kann ich mich noch an den Artikel vom 11.Mai 2016 über Deine bevorstehende Priesterweihe. „Ein Herz für Gott!“ Ganz schön mutig, habe ich damals gedacht! Sein Leben in den Dienst der Kirche zu stellen und dabei auf Frau und Kinder zu verzichten!
Ich selbst stand 1992 vor einer ähnlichen Situation. 10 Jahre Studium der katholischen Theologie lagen hinter mir. Den damaligen Erzbischof von Paderborn Johannes Joachim Degenhardt habe ich um eine Auszeit gebeten. In dem Jahr Zivildienst wurde mir klar: Ich bin nicht bereit für den Priesterberuf auf Frau und Familie zu verzichten. Auch weil für mich die gängigen Begründungen für den Zölibat (die priesterlicher Ehelosigkeit) immer fraglicher wurden. Ich habe ganz neu angefangen. Einen neuen Beruf gelernt und neue Perspektiven entwickelt.

Dennoch bin ich an der Kirche nicht verzweifelt. Ich habe immer wieder Menschen in der Kirche erlebt, die überzeugend das umgesetzt haben, was sie vom Evangelium verstanden haben. Da waren Priester dabei, aber vor allem überzeugte und überzeugende Frauen und Männer, die in den kleinen Dörfern oder Städten mit und für Menschen gewirkt haben.

Ich muss gestehen: Ich habe Dein Buch nicht gelesen! Aber das Interview hat mich schon etwas überrascht. Deine Aussagen erwecken bei mir den Eindruck: Die Kirche fährt vor die Wand, weil sie sich nicht ändern kann oder will!
Dieser Eindruck kann entstehen, wenn ich auf die europäische Kirche schaue. Kirche sieht auf anderen Kontinenten anders aus! Und zum Thema „Reformen aus Rom“ erwarte ich persönlich gar nichts. Die Reformen müssen von den örtlichen Bischofskonferenzen ausgehen: Während in Europa die Aufhebung des Zölibats heftig diskutiert wird, ist diese Frage in Afrika überhaupt kein Thema!

Die Deutschen Bischöfe müssen endlich erkennen, dass sie spätestens in zwanzig Jahren keine Priester mehr haben! Die Verantwortung liegt bei den Bischöfen, nicht beim Papst. Und diese werden sich in den nächsten Jahren fragen lassen müssen: Warum haben wir nicht früher die Idee der „viri probati“ (verheiratete Männer ab 35 Jahre als Priester) und das Diakonat der Frau umgesetzt?

Auch da stimme ich Dir zu: Frauen werden in der Kirchen bei Leitungsfunktionen viel zu wenig berücksichtigt. Umso erfreulicher: Im Leitungsteam unseres Pastoralen Raumes Bad Brückenau sind zwei Frauen vertreten. Ein Anfang!

Lieber Philipp, es stört mich aber, dass Du den Grund für das Ende Deiner priesterlichen Tätigkeit bei einzelnen Personen suchst. Da werden einzelne Praktikumspfarrer als verschlossen, verklemmt und kontaktscheu bezeichnet. Ich habe es sehr geschätzt, dass Du bei den Vereinen und Gruppen in Schondra und Umgebung aktiv warst und halte das auch für richtig. Aber ein Pfarrer hat auch noch was anderes zu tun. Und ehrlich: Mir ist ein Pfarrer lieber, der die schwerkranken und sterbenden Menschen besucht, als dass er bei jedem Fest dabei ist!

Und dann die Sache mit dem Unfehlbarkeitsdogma. Um diesen Begriff gibt es sicher die meisten Missverständnisse. Um es vorweg zu nehmen: Der Zölibat, also die Ehelosigkeit der Priester ist kein Dogma und kann auch kirchenrechtlich geändert werden. Seit der Einführung des Unfehlbarkeitsdogmas 1870 hat ein Papst erst einmal von diesem Dogma der Unfehlbarkeit des Papstes Gebrauch gemacht. Es ging dabei 1950 um die leibliche Aufnahme Mariens in den Himmel. Praktisch hat dieses Dogma in der Kirche kaum Bedeutung. Seit 1969 im Zweiten Vatikanum gilt, dass der Gesamtheit der Gläubigen Unfehlbarkeit zukommt. Das relativiert doch einiges!

Und zuletzt denke ich nicht, dass die Kirche an Deiner Situation schuld ist. Du bist mit voller Überzeugung Priester geworden! Du hast geglaubt, dass die Ehelosigkeit für Dich eine realistische Lebensform ist. Aber, lieber Philipp, Einstellungen ändern sich! Und das Leben in der Kirche hat Dich verändert! Das ist ganz normal! Als Du Bischof Boom gesagt hast, dass Du mit Deiner damaligen Freundin Bettina zusammenleben willst, wusstest Du, das dies das Ende Deiner priesterlichen Tätigkeit zur Folge hat. Respekt habe ich vor Deinem Mut und Deiner Konsequenz. Aber nicht die Kirche hat Schuld an dieser Entwicklung! Dein Herz schlägt jetzt nicht nur mehr für Gott, sondern für Bettina! Deine Entscheidung war und ist mutig! Aber die Konsequenzen mussten Dir auch klar und eindeutig sein!

Ich wünsche Dir, dass der Eifer für Gott und Kirche und die Liebe zu Deiner Frau für Dich und Deine Frau keine Gegensätze werden. Beides lässt sich verbinden. Ich weiß, dass dies gerade für Dich mit den Erfahrungen, die Du gemacht hast, nicht einfach ist. Ich wünsche Dir und Bettina dazu alles Gute.

Bleibt gesund und katholisch!

Horst

 

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